Sind Avantgardisten unmodern? Zumindest nicht hinsichtlich der nach wie vor ungebrochenen Anforderung, die an den Künstler ergeht: «Schaffe Neues!» Mit Blick auf das vermeintliche Anrecht, «Wahrheit» einzufordern und Dogmen durch Dogmen zu ersetzen, sieht Robin Hoffmann schon eher Anachronistisches. Seine Art, mit der «Verpflichtung» zur Innovation umzugehen, äußert sich dagegen zurückhaltend, unaufdringlich – die Pose des Umstürzlers ist nicht seine Sache. Die Etablierung von nachhaltig Neuem findet seiner Ansicht nach nicht im lauten, selbstüberzeugten Auftrumpfen und schon gar nicht im Skandal statt. Hoffmann vermutet das Neue im Lapidaren, Unauffälligen, im scheinbar Nebensächlichen an ungewöhnlichem Ort.
Das Neue findet im Verborgenen statt. Das Sich-Bewegen im Verborgenen vergleicht Robin Hoffmann mit der Arbeit eines «verdeckten Ermittlers», der unbeachtet und unerkannt Informationen sammelt, verwertet und zur Anwendung bringt. Als Bewegungsrichtung macht er die «Finte» aus, den vorgetäuschten Stoß, der die Gegenbewegung kalkuliert und zu eigenen Zwecken nutzt. Während die Avantgarde des 20. Jahrhunderts den heldenhaften Sturz ins offene Messer bevorzugte, hält es Hoffmann heute für ratsamer, den indirekten Weg zu gehen: Durch Taktieren, Zögern und Ausweichen soll der vorzeitigen Abnutzung künstlerischer Darstellungsmittel entgegengewirkt werden.
Kunst ist der Haarriss im gesellschaftlichen System. Robin Hoffmann vertraut auf die Energie des Allmählichen, auf die Wirkung des Unterschwelligen. Kunst muss versuchen, dem Selbstverständnis, dem scheinbar Geklärten kaum merkliche Beschädigungen zuzufügen; sie soll irritieren, aus dem Rahmen fallen, im besten Falle Interesse, ein Nachfragen, ein Verstehen-Wollen zeitigen. Idealerweise ebenso beharrlich wie zurückhaltend: mit Leidenschaft – aber ohne Pathos!
Michael Rebhahn |